Datum:
24.05.2024
Uhrzeit:
19:00
Eintritt:
8€
Karten bestellen
Diese Veranstaltung findet im Rahmen der Reihe „Die große Stadt der kleinen Leute“ statt.

Der Journalist Martin Krauss stellt sein neuestes Buch bei uns vor, das am 15. Mai erscheint. Als Kreuzberger, taz-Autor und Sportexperte schreibt er eine neue und andere Geschichte des Sports, eine die fokussiert auf jene blickt, die nicht „mitspielen“ sollten, es aber dennoch taten, sich ihren Platz im Sport erst erobern mussten und teils noch müssen. Dabei soll es uns insbesondere um Berliner, vor allem Kreuzberger Geschichten gehen.

»Wenn wir von Sport sprechen, meinen wir das große gesellschaftliche Phänomen, das in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor allem in England entstanden ist. Gentlemen gründeten Clubs, sie riefen Meisterschaften und Ligen aus, Leistungen wurden in Zentimetern, Gramm oder Sekunden gemessen und global vergleichbar, Weltrekorde konnten registriert werden. Dass Sport weltumfassend war, bewiesen bald die Olympischen Spiele der Neuzeit, 1896 in Athen erstmals ausgetragen. Die »Jugend der Welt« sollte sich zum sportlichen Wettstreit treffen. Doch wenn man genau hinschaut, war diese Jugend der Welt, die Ende des 19. Jahrhunderts nach Griechenland pilgerte, eine sehr kleine Gruppe. Frauen und Mädchen etwa durften nicht mitmachen, denn das galt als unschicklich. Arbeiter wurden zumeist ausgeschlossen, mit dem Argument, ihre körperliche Arbeit sei ja tägliches Training, für das sie bezahlt würden – folglich seien sie keine Amateure. Schwarze Menschen und andere People of Color waren nicht zugelassen, denn ihnen wollten die Herren des Sports nicht auf Augenhöhe begegnen. Juden, Muslime, Buddhisten, Sikhs und sonstige Angehörige anderer Weltreligionen waren, wenn überhaupt, nur als Minderheit dabei und wurden […] obendrein massiv angefeindet. Ebenso wenig willkommen waren Vertreter afrikanischer oder asiatischer Länder, wurde diesen doch nachgesagt, sie würden den wahren Geist des Sports bestimmt nicht verstehen. An Menschen mit Behinderung hatten die Herren Olympias gar nicht erst gedacht, denn dass die sich körperlich messen könnten, kam niemandem in den Sinn. Und Queere waren ohnehin verboten, das regelte damals das Strafgesetzbuch.«

Von Olympia 1936 bis zur Geschichte von Türkiyemspor Berlin 1978, von schnell laufenden Frauen in der Hasenheide zu Beginn des 19. Jahrhunderts zum Arbeitersport in den 1920ern und jüdischem Sport: Das Thema ist hoch aktuell! Der TuS Makkabi Berlin steht in diesem Jahr wieder im Finale um den Berliner Länderpokal im Fußball und die ldee zu Olympia 2036 in Berlin scheint einen besonderen Reiz auf die Berliner Landespolitik auszuüben.

"Dabei sein wäre alles" von Martin Krauss